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Ichty

Ichty


Ichty ist ein komplett bewimperter Parasit ein sog. Ciliat, ähnlich einem Pantoffeltierchen.

Generell hat kein Parasit ein Interesse daran seinen Wirt zu töten – was in der Natur auch sicher nur extrem selten passiert. Im Normalfall bildet sich ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Parasit. Erst wenn dieses Gleichgewicht gestört ist, z.B. durch eine Schwächung des Abwehrsystems des Wirtes kommt es zu einer gefährlichen Infektion. Letztlich führt die geringe Verdünnung der Parasiten in der begrenzten Wassermenge eines Aquariums erst dazu, dass es zu seuchenartigen Infektionen kommt.

Zwei Faktoren sind entscheidend für einen Krankheitsausbruch:
Meist ist zuerst das Abwehrsystem einzelner Fisches zu schwach (aufgrund von Stress z.B. durch Umsetzen verursacht). Das wiederum führt zu einer so starken Vermehrung der Parasiten. Dann wird der Infektionsdruck so stark wird, dass auch kräftige Tiere befallen werden. Ohne wirksame Medikamentenbehandlung ist dann keine Rettung mehr möglich.

Wenn man sich mit diesem Plagegeist auseinander setzen will- oder besser muss – sollte man sich vorher über seinen Lebenszyklus informieren, denn Ichty vermehrt sich nicht über simple Zweiteilung.

Folgendermaßen läuft es ab: ein Schwärmer (Tomit) sucht sich schwimmender Weise, einen neuen Wirt. Hat er einen Fisch gefunden, bohrt sich der nur 30-50µm große mit kreisenden Bewegungen zwischen Ober und Unterhaut seines unfreiwilligen Wirtes. Dort bohrt er Gänge und Hohlräume in denen sich bis zu 100 heranreifende Parasiten (Trophozoit) treffen. Über den Parasiten verstärkt sich die Oberhaut des Fisches, was letztlich den sichtbaren weißen Punkt hervorruft.

Der Trophozoit lebt von Blut und Zellsäften, die Unterhaut ist oft entzündet. Bei starkem Befall kann es zu großflächigen Hautablösungen kommen, die den sicheren Tod des Wirtes zur Folge haben. Aber damit nicht genug, Ichty befällt auch sehr gerne die Kiemen, in denen er sich ebenfalls einnistet und zu starken Schäden führt. Manchmal gibt es sogar reine Kiemeninfektionen ohne die sichtbaren Hautpunkte. Ein derartiger Befall ist dann sehr schwer zu diagnostizieren.

Nach, temperaturabhängig, 2-20 Tagen (bei 26ºC ca. 3-4 Tage) ist der Parasit reif und bohrt sich wieder aus der Haut heraus, fällt zu Boden, sucht sich ein passendes Plätzchen, bildet eine Zyste. Die Zyste wird Toment genannt und beginnt sich zu Teilen. Die entstehenden, Schwärmer werden Tomiten genannt. Innerhalb von ca. 20 Stunden bei 26ºC sind so bis zu 1000 (bis 2000?) Tomiten entstanden. Diese verlassen die Zyste als fertige Schwärmer. Innerhalb von ca. 50 Stunden müssen sie einen Wirt finden sonst sterben sie. Bohrt sich der Schwärmer wieder in einen Wirt ein, ist der Zyklus beendet und ein neuer beginnt.

Das besondere an Ichty ist, dass der Parasit nicht auf Haut und Kiemen sitzt, sondern sich in Haut und Kiemen einkapselt. Diese Einnistung ist es auch was die Behandlung so schwer macht: Die Wirkstoffe kommen kaum an den Parasiten ran!

Deshalb ist es notwendig eine Ichty - Erkrankung relativ lange zu behandeln, nämlich mindestens so lange bis alle Trophozoiten ihren Wirt verlassen haben, um sich von dem Medikament töten zu lassen, anstatt einen neuen Zyklus zu beginnen. Da aber auch niemals eine 100%ige Wirkung durch ein Medikament erreicht werden kann, ist normalerweise eine Behandlungsdauer von ca. 7 Tagen notwendig. Mindestens so lange bis keine weißen Pünktchen mehr zu sehen sind und dann noch 2-3 Tage länger. Um den Zyklus zu beschleunigen ist es sehr sinnvoll die Temperatur auf mind. 28ºC zu erhöhen.

Der beste Wirkstoff gegen weiße Pünktchen ist Malachitgrünoxalat, es hat, bei sehr guter Verträglichkeit für die Fische die beste Wirkung auf Ichty. Malachitgrünoxalat wirkt toxisch auf Schwärmer und Toment. Besonders die Kernschädigende und Zellteilung - hemmende Wirkung des Triphenylmethanfarbstoffes bei der Entstehung der Tomiten scheint von herausragender Bedeutung zu sein. Schäperclaus beschreibt diese Wirkung von dem chemisch sehr ähnlichen Farbstoff Brillantgrün: Aufgrund seiner Wirkung entstehen gar keine Schwärmer mehr.

Die richtige Dosierung ist etwas schwierig, in Lösung ist der Farbstoff zum einem lichtempfindlich, aber das ist im Aquarium nur von untergeordneter Bedeutung, viel wichtiger ist der schnelle bakterielle Abbau bzw. die Absorption an den Filterschlamm. Oft ist die Intensive Blau – Grün Färbung nach Dosierung des Wirkstoffes bereits nach einigen Minuten oder wenigen Stunden komplett verschwunden. (Das passiert unabhängig ob im Hellen oder Dunkeln.) Dann ist keine ausreichende Wirkung mehr zu erwarten. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Oft ist es sinnvoll zwei mal täglich das Medikament nachzudosieren.



Seit Ende 2004 häufen sich Berichte, wonach es einen neuen Erregerstamm gibt, der praktisch nicht behandelbar ist. Im Internet hat er die Bezeichnung „multiresistenter“ Ichty erhalten, die ich hier beibehalten möchte.

Was ist an dem „neuen“ multiresistenten Ichty anders?
Die Frage ist kurz beantwortet: er lässt sich mit den üblichen Methoden nicht bzw. nicht ausreichend behandeln. Alle bekannten, üblichen Methoden versagen. Von Resistenz gegen alle möglichen Medikamente wird da gesprochen und die Spekulationen haben Hochkonjunktur: Der Erreger käme aus den Fischzuchten in der Tschechei ist nur eine dieser Spekulationen ohne jeglichen Beweis. Überhaupt erschien mir die Vorstellung, dass ein Erreger quasi auf einen Schlag gegen alle möglichen Behandlungsversuche resistent geworden ist eher unwahrscheinlich. Resistenzen entwickeln sich allmählich und wenn tatsächlich eine Resistenz gegen Malachitgrün eingetreten wäre, dann hätten Medikamente, die selten angewendet werden noch Wirkung zeigen müssen, wie Chininhydrochlorid oder Formalin. Aber, so musste ich mich überzeugen, nichts schien zu helfen. Mikroskopische Untersuchen bestätigten aber immer wieder eindeutig, dass es sich um Ichty handelte.

Und dann sah ich etwas, das vieles erklärte: Die Tomenten, d.h. die Zyste in dem sich die tausend Schwärmer bilden, befand sich bei einigen schwarzen Phantomsalmlern immer noch auf bzw. in der Haut. Damit ließe sich folgendes erklären: In der Haut sind die Tomenten gegen die meisten Medikamentenwirkstoffe relativ gut geschützt, die Schwärmer können sich folglich ungehindert entwickeln. Und zumindest ein Teil der Schwärmer wird sich, ohne sich durch das freie Wasser bewegen zu müssen direkt wieder auf den gleichen Fisch niederlassen. Mit dieser Erkenntnis war zwar einiges erklärt, den erkrankten Fischen half das aber herzlich wenig. Ob dieser multiresistente Ichty nun eine Mutation oder eine bislang nicht aufgefallene Variante (Für einen Kosmopolit wie Ichty wären Lokalvarietäten nicht ungewöhnlich) ist müssen allerdings die Wissenschaftler klären.

In der Literatur liest man, dass mit Kochsalz die oberen Schleimhautschichten entfernt werden und sich dadurch auch Krankheitserreger abtöten bzw. entfernen lassen.
Die meisten Krankheitserreger sind isoosmatisch, d.h. die Körperflüssigkeit des Parasiten entspricht in Ihrem Salzgehalt genau dem Salzgehalt des umgebenden Wassers. Bei fast allen Fischen sieht das ganz anders aus: sowohl Süßwasser- als auch Seewasserfische haben in ihrer Körperflüssigkeit einen Salzgehalt von ca. 0,6 – 0,8%. Aus diesem Grund müssen Süßwasserfische ständig Wasser aus ihrem Körper pumpen, während Seewasserfische ständig Salz herausfiltern müssen.
Erhöht man also den Salzgehalt des Aquarienwassers auf 0,6-0,8% ist bei den Fischen kein tödlicher Effekt zu erwarten, die Salzkonzentration reicht aber aus um die Parasitenorganismen abzutöten. Versuche mit Kochsalz und einen Leitwert von 12.000µS (entspricht ca. 0,8%) verliefen anfangs zwar viel versprechend, jedoch trugen nach meinem dafürhalten deutlich zu viele Fische großflächige Schleimhautablösungen davon, die wiederum tödlich endeten. Zusammen mit FMC (Malachitgrünoxalat in Formalin) konnten aber die Ichty Infektionen letztlich besiegt werden.

Der Zufall brachte uns dann einen weiteren Schritt nach vorne, als Ichty in einem Becken mit kleinen, grünen Neon (Paracheirodon simulans) ausbrach. Da gerade kein Kochsalz mehr vorhanden war nahm ich Meersalz, wieder mit einem Leitwert von 12.000µS und stellte zu meinem großen Erstaunen fest, dass es keinerlei Nebenwirkungen gab, selbst die Pflanzen, die bei der Kochsalzanwendung in kurzer Zeit alle Blätter verlieren, blieben vergleichsweise intakt. Zusammen mit FMC war Ichty nach 6 Tagen, ohne einen einzigen Fisch zu verlieren, geheilt.

Blieb als „bittere Pille“ noch das FMC, denn derart giftige Substanzen wie Formalin sollten vermieden werden. Malachitgrün ist schon unangenehm, aber die Giftigkeit von Formalin liegt um ein vielfaches höher. Das Studium des „Schäperclaus“ brachte mich dann auf eine Idee ohne Formalin.
Heute bekämpfen wir Ichty mit synthetischem Meersalz für die Riffaquaristik und einer wässrigen Lösung aus Kristallviolett, Malachitgrünoxalat, Calziumpanthethonat, Allantoin und Benzalkoniumchlorid. Ohne Verluste ist der „multresistente“ Ichty so nach durchschnittlich 4- 8 Tagen restlos beseitigt.

Innerhalb einer Woche wird dann der Salzgehalt bis auf ca. 2000µS reduziert. Um die angegriffene Schleimhaut zu schützen und eine Verheilung ohne Sekundärinfektionen zu gewährleisten wird täglich Gottschalk´s Pflegetonikum verabreicht, ein Präparat mit heilungsfördernden und bakterienhemmenden Wirkstoffen, die eine große Affinität zur Fischschleimhaut aufweisen, wie Aloe Vera, PVP und Panthothenat.

Nachtrag:
Es gibt zumindest noch eine weitere Ichty Art, nach Lechleiter Neoichthyophthirius schlotfeldii, auch diese Art ist recht widerstandsfähig, da sie sich auch direkt in der Fischhaut vermehren kann, ohne Schwärmerstadium. Als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal gibt Lechleiter an, dass der Zellkern (Makronukleus) nicht hufeisenförmig sondern ringartig erscheint. Leider fehlen in Ihrem Artikel mikroskopische Aufnahmen. Diese Lücke möchte ich hier schließen. Einige Bilder sehen Sie oben in der Galerie.
Nach meiner Erfahrung ist dieser Ichty zwar auch hartnäckig, aber nicht mit dem „multresistenten Ichty“ vergleichbar.

Literatur:
Wilhelm Schäperclaus, Fischkrankheiten S. 612ff, 1979 Akademie Verlag Berlin
Sandra Lechleiter, DATZ 6/2007 S.55ff, Ulmer Verlag Stuttgart
Dieter Untergasser, Fischkrankheiten, S.121f, 2006 Kosmos Verlag Stuttgart